Freitag, 10. Juni 2011

Wie Essen gute Laune macht – Stressbewältigung

Nachdem in den ersten Teilen die grundlegenden Funktionen im Körper und die Versorgung mit Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen sowie mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen beschrieben wurden, werden sich die nächsten Beiträge mit verschiedenen Maßnahmen gegen alltägliche Probleme wie Stress, Depressionen oder Müdigkeit befassen. Den Anfang bildet Stress, der fast immer beeinflusst, was und wie wir essen – wenn auch in ganz unterschiedlicher Weise. Wenn jemand unter Druck bzw. Stress steht, reagiert er meinst auf zwei Arten:  Einerseits wächst die Sehnsucht nach Ruhe und Entspannung. Oft genug sind Süßigkeiten und Kalorienreiches ein schneller Trost. Aber während die beruhigende Wirkung eines solchen Essens schnell verfliegt, bleiben die Folgen für Figur und Gewicht oft lange sichtbar. Anderseits verschlägt Stress aber auch den Appetit oder belastet die Verdauung. 

Ursachen und schwerwiegende Folgen 
Was ist Stress eigentlich? Stress entsteht, wenn Gefahr in Verzug ist. Taucht ein Stressauslöser auf, schüttet die Nebennierenrinde die Stresshormone Adrenalin und Cortisol aus. Die machen das System in Sekundenschnelle startklar für Flucht oder Kampf: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und die Atmungsfrequenz wird erhöht, um vor allem die Muskeln mit Blut und Kraft zu versorgen. Laufen oder Kämpfen schließlich baut die Stresshormone wieder ab und normalisiert das System. 

Über Jahrtausende hinweg war die Fähigkeit unseres Organismus zur Stressreaktion eine perfekte Überlebenshilfe. Der Haken an der Sache: Was für unsere Vorfahren ideal war, ist zur Bewältigung des modernen Lebens nur noch selten von Nutzen. Geistiger Stress hat heute den körperlichen Stress unserer Vorfahren ersetzt. Stress entsteht nicht mehr durch bedrohliche Tiere, die hinter einem Busch lauerten, sondern durch den normalen Alltag: hohe Anforderungen an uns selbst, Überforderung im privaten und beruflichen Bereich – also Einstellungen und Wartungen von innen wie von außen. Die Antwort unseres Körpers bleibt jedoch die gleiche. Wird der Stress zum Dauerzustand, kann das böse Folgen haben – von Herz-Kreislaufschäden bis hin zur Schwächung des Immunsystems. Inzwischen gehört die alltägliche Überlastung zu den schlimmsten Gesundheitskillern. Ein langfristig erhöhter Cortisolspiegel geht mit Gewichtsproblemen, Aphten (Entzündung im Mundbereich), Blutdruckproblemen, Magengeschwüren, Verdauungsstörungen, Muskelschwäche, verlegten Arterien, Gedächtnisstörungen, Erkältungen oder Grippeanfälligkeit einher. Stress setzt das ganze endokrine System (Organe und Gewebe, die Hormone produzieren) übermäßig unter Druck, behindert die Immunreaktion und kann auf diese Weise krank machen. 

Wie wir mit Stress fertig werden, hängt wesentlich von den persönlichen Bewältigungsstrategien, der körperlichen Fitness und der Ernährung ab. Stress zehrt nicht nur an den Nerven, sondern auch an den Nährstoffvorräten unseres Körpers. So erklärt sich, warum wir im Stress mehr von bestimmten Nährstoffen brauchen und wieso eine gute Nährstoffversorgung hilft, Stress besser zu bewältigen. 

Nährstoffe helfen 
Zur Produktion der Stresshormone braucht die Nebennierenrinde jede Menge Vitamin C. Der grundsätzlich gute Vorrat an Vitamin C ist im Dauerstress im Nu erschöpft. Spätestens dann ist die Anti-Stress-Drüse auf eine erhöhte Vitamin-C-Zufuhr angewiesen. Man geht auch davon aus, dass bei starkem Stress der Bedarf an Vitamin E und den B-Vitaminen erhöht ist, da Stress unser Nervensystem besonders belastet. Deshalb sollte man auch auf eine gute Vitamin-B- und E-Versorgung achten: 
Übersicht 1: Vitamine
  • Die Vitamine A und C schützen vor freien Radikalen, die bei Stress vermehrt gebildet werden und Körperzellen angreifen. Zu finden ist Vitamin A vor allem in Leber, Karotten, Kürbis, Papaya, Grünkohl, Brokkoli und Tomaten. Vitamin C kommt beispielsweise in Zitrusfrüchten, Beeren, Kiwis, roter Paprika, Brokkoli und Spinat vor. 
  • Vitamin B1 stabilisiert die Nerven und ist ein Energielieferant. Zu finden ist das Vitamin in Vollkornprodukten, Weizenkeimen und Sonnenblumenkernen. 
  • B2 hemmt die Stresshormone in ihrer Aktivität und ist reichhaltig in Joghurt, Eiern, Pilzen, Produkten aus Vollkorn und Sonnenblumenkernen enthalten. 
  • Niacin (B3) unterstützt den Nervenstoffwechsel und fördert den Schlaf. Es kommt vor allem in Leber, Fleisch, Geflügel, Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkornprodukten vor. 
  • Spinat, Walnüsse, Bananen, Avocados und Geflügel enthalten viel Vitamin B6, das nach einer Stressattacke viel positive Energie liefert. 
  • Hühnerleber, Makrelen, Heringe, Eier und Milchprodukte liefern das Vitamin B12, das die Nerven stärkt. 
  • Vitamin E schützt vor freien Radikalen und findet sich in kalt gepressten Pflanzenölen, Margarine, Nüssen und Samen. 
  • Pantothensäure unterstützt die Bildung von stressmindernden Hormonen und fördert die Energiegewinnung. Sie findet sich in Leber, Weizenkleie, Sonnenblumenkernen, Makrelen, Walnüssen und Vollkorngetreide. 
  • Folsäure fördert die Bildung der Blutkörperchen und steigert die Leistungsfähigkeit. Zu finden ist sie in dunkelgrünem Gemüse und Weizenkeime.


Übersicht 2: Mineralstoffe und Spurenelemente
Aber auch Spurenelemente sind wichtig:

  • Selen schützt vor freien Radikalen und steckt in Vollkornprodukten, Pilzen und Bierhefe. 
  • Zink hilft gegen Angst und Nervosität und findet sich in Austern, rotem Fleisch und Vollkornprodukten.
  • Kupfer stellt die nötige Energie beim Stress bereit und stärkt die Nerven. Vor allem in Leber, Meeresfrüchtena, Nüssen und Weizenkeimen zu finden. 

Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium und Kalium entspannen die Nerven. Die wichtigsten Quellen sind Milchprodukte, grünes Blattgemüse und Vollkornprodukte, Weizenkeime, Hülsenfrüchte, Nüsse, Avocado, Brokkoli, Bananen, Sellerie und Eier. Durch die Stresshormone wird Magnesium aus den Zellen ausgeschwemmt und vermehrt über den Urin ausgeschieden. Deshalb weisen stressanfällige Menschen häufig besonders niedrige Magnesium-Werte auf, die wiederum den Stresshormon-Spiegel im Blut steigern und dadurch eine „überschießende“ Stressreaktion begünstigen – ein Teufelskreis.

Stress und Ernährung 
Der Essanfall im Stress ist in der Regel kein Hungersignal. Meist will der Körper nur damit sagen: „Ich brauche eine Pause.“ Daher sollte man auf andere Weise Abstand von den stressigen Situationen versuchen zu gewinnen: Entspannungsübungen, Bewegung, Gespräche mit Freunden usw. Wer die Zusammenhänge zwischen Stress und Ernährung durchschaut und die Ernährungsregeln selbst bestimmt – statt sie sich vom Stress diktieren zu lassen –, macht einen wichtigen Schritt zur Stressbewältigung.

Das Immunsystem nimmt eine Schlüsselstellung im Verhältnis von Stress und Ernährung ein. Stress und falsche Ernährung schwächen die körpereigene Abwehr. Im Grunde führt jeder ernährungsbedingte Nährstoffmangel zu „innerem Stress“, weil bestimmte Stoffwechselvorgänge nur noch mit Einschränkungen ablaufen. Kommt auch noch äußerer Stress dazu, schaukeln sich Stress und Nährstoffmangel gefährlich hoch – auf Kosten des Immunsystems. Deshalb kommt es sehr häufig vor, dass nach Stresszeiten eine Krankheit wie Grippe oder Darminfekt auftritt, weil der Stress unsere Vitamin- und Mineralstoffvorräte geplündert hat.

Stress scheint auch den Abbau des Neurotransmitters Serotonin zu beschleunigen. Wenn dieser sinkt, läuft man rasch Gefahr, negativ zu denken und zu fühlen und Arbeiten, die gar nicht so tragisch wären, werden zum Hindernislauf. Hier können Kohlenhydrate helfen. Vollkornbrot, Nudeln, Reis, Gemüse und Früchte helfen, die gute Laune wiederherzustellen. Dass sich Stress so gerne mit Süßigkeiten füttern lässt, hat auch einen biochemishcen Grund: Stresshormone fördern die Ausschüttung des Neurotransmitters Neuropeptid Y – ein Auslöser der süßen Sucht.

Um mit dem täglichen Stress fertigzuwerden, greifen viele häufig zu Kaffee oder Tee, koffeinhaltigen süßen Softdrinks, Süßigkeiten, Zigaretten und Alkohol. Dies stresst unseren Körper aber nur noch weiter: Koffein aus Kaffee, Schwarztee, Schokolade oder Cola setzt Adrenalin frei und erhöht damit den Stresspegel. Koffeinsucht belastet die Nebennieren, die Stresshormone produzieren. Zugleich bringen die Stresshormone den Stoffwechsel durcheinander. Außerdem wirken sowohl Schwarztee als auch Kaffee entwässernd und entziehen damit dem Körper wichtige Nährstoffe und Spurenelemente. Alkohol ist ein wichtiger Stresserreger und wirkt zusammen mit bereits vorhandenem Stress geradezu mörderisch. Alkohol stimuliert die Adrenalinausschüttung, was oft Probleme wie Nervosität, Reizbarkeit und Schlafstörungen hervorruft. Übermäßiger Alkoholkonsum führt zu vermehrten Fettablagerungen im Herzen und beeinträchtigt das Immunsystem. Außerdem beschränkt Alkohol die Entgiftungsfähigkeit der Leber. Gerade unter Stress erzeugt der Körper jedoch viele Giftstoffe. Werden diese nicht abgebaut oder ausgeschieden, kann es zu Krankheiten kommen.

Ob ein Stück Schokolade oder ein Glas Wein – Ernährung sollte bei allem Streben nach Gesundheit das Genießen nicht außer Acht lassen. Wenn also naschen möchte, sollte das nicht nebenher tun: Man sollte sich Zeit nehmen, um bewusst Geschmack und Aroma wahrzunehmen. Auch diese Momente wirken gegen Stress – weil man zur Ruhe kommt

12 Tipps bei Stress

  1. Das Vitamin-Schutzschild aktivieren
    Die Vitaminvorräte sollten aufgefüllt werden (siehe oben). Obst, Gemüse und Vollkornprodukte sind die Grundlage. Empfehlenswert sind Avocados, die uns mit 14 Mineralstoffen beliefern, welche die Körperfunktionen regeln und das Wachstum stimulieren. Besonders hoch ist der Gehalt an Kupfer und Eisen, die zur Regenerierung der roten Blutkörperchen und zur Vorbeugung gegen eine ernährungsbedingte Blutarmut benötigt werden. Blutarmut ist eine sehr verbreitete Ursache für Erschöpfung und die Unfähigkeit, angemessen auf Stress zu reagieren. Daneben enthalten Avocados Natrium und Kalium. Auch Kohl ist sehr empfehlenswert. Er liefert die antioxidativen Vitamine A, C und E, Betakarotin sowie den Mineralstoff Selen. Antioxidanzien bekämpfen schädigende freie Radikale, die bei Stress freigesetzt werden. Gleichzeitig unterstützen sie die Umwandlung von Tryptophan in Serotonin und tragen damit zu besserer Laune bei. 
  2. Leichte Kost macht stark
    Leichte, kohlenhydratreiche Ernährung ist ein schweres Geschütz gegen Stress: Gemüse, Obst, Reis- und Kartoffelgerichte machen es der Verdauung leicht und sorgen damit für körperliche Entspannung. Weißbrot, Weißmehl und polierter Reis belasten den Körper, weil sie wenig Nährstoffe, aber viele leere Kalorien liefern. Um solche Lebensmittel zu verdauen, muss der Körper die vorhandenen Vitamin- und Mineralstoffspeicher leeren. 
  3. Kein Tag ohne Frühstück
    Ein gutes Frühstück ist in Stresszeiten ein Muss. Es sollte kohlenhydrat- und ballaststoffreich sein. So bremsen Getreideflocken die Wirkung des Neuropeptid Y und beugen übermäßigem Appetit auf Süßes vor. 
  4. Finger weg von Alkohol & Co
    Auf koffeinhaltige Getränke, Alkohol und Nikotin sollte verzichten werden, da sie den Körper nur noch weiter – teilweise extrem – belasten. 
  5. Obst statt Schokolade
    So wenig Süßigkeiten wie möglich: Zucker bringt viele Kalorien und enthält kaum Nährstoffe. Süßhunger sollte lieber mit Obst oder ab und zu mit Trockenfrüchten gestillt werden. 
  6. Fit statt fett
    Die Nahrung sollte fettarm sein. Alles, was gesättigte Fettsäuren enthält, also tierische Produkte (Milch, Fleisch), aber auch Frittiertes und übliche Fertigprodukte, schaden dem Körper. Margarine und andere verarbeiteten pflanzlichen Fette enthalten teilweise die außerordentlich schädlichen Transfettsäuren, die den Körper daran hindern, gesundheitsfördernde essenzielle Fettsäuren zu verwerten. 
  7. Öfter mal ein kleiner Snack
    Wer in Stresszeiten kaum einen Bissen hinunterbekommt, sollte sich nicht zu großen Mahlzeiten zwingen, sondern lieber versuchen, einen kleinen gesunden Snack zu essen, damit die Versorgung gesichert bleibt. 
  8. Die Verdauung aktivieren
    Hastiges Essen, Anspannung und Nervosität führen bei Gestressten oft genug zu Verdauungsstörungen. Wer mit Verstopfung reagiert, sollte der Verdauung mit Ballaststoffen auf die Sprünge helfen. 
  9. Überblick behalten
    Wie hat Stress das Ernährungsverhalten verändert? Mittels einer übersichtlichen Darstellung der Änderungen können die kleinen Sünden, die sich eingeschlichen haben, Schritt für Schritt abgebaut werden. 
  10. Zur Not auf Nummer sicher
    Wer sich nicht sicher ist, ob er in Phasen von Dauerstress den zusätzlichen Bedarf an Nährstoffen mit seiner Alltagskost deckt, kann vorübergehend mit einem Multivitamin-Präparat auf Nummer sicher gehen. Dazu sollte man sich beim Arzt oder in der Apotheke beraten lassen. 
  11. Weniger Kochsalz
    Kochsalz erhöht den Blutdruck, überlastet die Nebennieren und stört die emotionale Stabilität. Lieber einen Ersatzsalz auf Kaliumbasis statt des normalen Kochsalzes mit Natrium verwenden. 
  12. Kräutertee lindert Stresssymptome
    Er wird aus den Blüten, Blättern, Samen, Stängeln oder Wurzeln bestimmter Heilkräuter gewonnen. Sie enthalten natürliche Substanzen, die dem zentralen Nervensystem und den Drüsen guttun. Hierbei hilft „Probieren geht über Studieren“: Man sollte testen, was einem am besten hilft. Zur Wahl stehen Zitronenmelisse, Hopfen, Haferstroh, Kava, Ginseng, Kamille, Passionsblume, Helmkraut, Süßholz und Baldrian.
Der nächste Teil wird sich Stimmungstiefs und Depressionen beschäftigen. Bis dahin eine stressfreie Zeit!

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