Freitag, 3. Juni 2011

Bisher alles nur „Rhabarber Rhabarber“!?

Sauer macht lustig. Auch wenn der typisch säuerliche Geschmack von Rhabarber nicht jedermanns Sache ist, gehört er zu den kalorienärmsten „Obst“-Sorten (dazu später mehr), der zudem jede Menge andere positive Eigenschaften besitzt – aber leider auch Nachteile. Eine kleine Warenkunde. 


Diese Barbaren! 

Der Rhabarber wurde erstmals um 2700 v. Chr. im chinesischen Peng-King-Kräuterbuch schriftlich erwähnt. Er galt dabei als bewährtes Heilmittel, wobei seine Heilkraft nicht in den Stängeln (Stielen) gefunden wurde, sondern in den fleischigen Wurzeln. Im alten China galten die Stiele zudem als wirksam bei Verdauungsschwäche sowie als Aphrodiasikum. Von China aus verbreitete sich der Rhabarber nach Russland und die Römer sollen ihn deshalb „rheum barbarum“ genannt haben, weil die Pflanze („rheum“ = „Wurzel“) von den „Barbaren“ („barbarus“ steht für „ausländisch, fremd“) kam. Auf dieser Theorie basierend entstand auch der Ausdruck „Ich verstand nur Rhabarber Rhabarber“. Eine andere Erklärung aus dem Duden führt den Namen auf den „Barbar von Rha“ („den Fremden von der Wolga“) zurück, denn Rha war damals der Name für die Wolga. 

Gemeiner Rhabarber (Rheum rhabarbarum) (Quelle: Wikipedia)
Die als Heilmittel eingesetzte Rhabarberwurzel wurde schon zu Christi Zeit international gehandelt und kam aus verschiedenen Gebieten Ostasiens. Als Gemüserhabarber wurde er im 16. Jahrhundert in Russland angebaut. Über Frankreich und die Niederlande kam er nach England, wo der Anbau seit 1753 belegt ist. Die Treiberei wurde als erstes von Gärtnern in Chelsea betrieben. Noch heute ist England führend in der Züchtung und im Anbau. Der erste gewerbsmäßige Anbau in Deutschland erfolgte auf Initiative des Händlers Peter Holster 1848 in Hamburg-Kirchwerder. Er hatte den Rhabarber in England kennengelernt und einige Stauden mit nach Hause genommen. Die sauren Stangen machten schnell Karriere und breiteten sich von Norden nach Süden aus. 


Was nun: Gemüse oder Obst?

Aufgrund seiner Zubereitung, man denke da an einen saftigen Rhabarberkuchen mit Streuseln, wird der Rhabarber oft zu den Früchten gezählt. Botanisch gesehen gehört er allerdings in die Familie der Knöterichgewächse. Er gehört also zu den Gemüsen, auch wenn er in den USA seit 1947 gesetzlich als Obst betrachtet wird. 

Es gibt drei Sorten Rhabarber: Der grünstielige mit grünem Fleisch ist am sauersten und damit auch am oxalsäurereichsten. Die rotstielige Sorte mit grünem Fleisch ist weniger sauer, aber herb. Und der rotstielige Rhabarber mit rotem Fleisch hat das mildeste Aroma, er schmeckt beinahe himbeerartig und wird auch Himbeerrhabarber genannt. Wer also bei der Zubereitung am Zucker sparen möchte, sollte eine rotfleischige Sorte wählen. 


Inhaltsstoffe und Wirkung 

Das ist aber eigentlich nicht nötig. Rhabarber besteht fast zu 95 Prozent aus Wasser. Das erklärt den geringen Kaloriengehalt: 100 Gramm Rhabarber haben gerade mal 13 Kalorien und 0,1 Gramm Fett. Daneben enthalten die Stangen zahlreiche Ballaststoffe und Säuren. Diese binden Fettstoffe und sorgen dafür, dass sie schneller aus dem Körper wieder ausgeschieden werden. 

Nährwerte je 100g
(www.naehrwertrechner.de)
Daneben hat Rhabarber noch weitere Vorteile: 100 Gramm liefern 270mg Kalium, das sanft entwässernd wirkt. Dazu kommen noch Magnesium, Phosphor, Eisen und Jod. Diese Minerale stärken Herz und Kreislauf und helfen gegen Stress. Auch der Anteil an Vitamin C ist nennenswert: Der rohe Rhabarber enthält mindestens 10mg Carotin, womit man beinahe ein Drittel des Tagesbedarfes decken kann. 


Oxalsäure: Freund und Feind

Die Stiele enthalten zudem im Schnitt 460mg Oxalsäure je 100 Gramm Frischsubstanz, die den typischen, frischen Geschmack gibt und dafür sorgt, dass sich nach dem Genuss von Rhabarber alles im Mund zusammenzieht. Oxalsäure sorgt nicht nur für den sauren Geschmack, sie hat auch Nebenwirkungen. Rhabarber wirkt verdauungsfördernd und kann bei empfindlichen Menschen zu Bauchweh und Durchfall führen. 

Wer Rhabarberkompott mit milchhaltigen Speisen verzehrt (bspw. Sahne, Eis, Joghurt oder Quark), empfindet seine Zähne danach als stumpf und pelzig. Der Grund: Die Oxalsäure entzieht dem Körper Kalzium, indem sie den Mineralstoff in ein unlösliches Salz (Kalziumoxalat) umwandelt, das der Körper nicht mehr nutzen kann und das an den Zähnen haften bleibt. Es hilft, den Mund nach dem Essen auszuspülen. 

Zudem greift sie die Eisenspeicher an. Menschen mit Gicht, Herzproblemen, Rheuma oder Nierensteinen sollten besser auf den Genuss von Rhabarber verzichten. Die unangenehmen Ablagerungen in den Nieren stammen in 50 Prozent der Fälle aus der Verbindung von Kalzium und Oxalsäure. Ab Mitte bis Ende Juni nimmt der Oxalsäuregehalt bei allen Sorten stark zu, deshalb sollte er nach Johanni (24. Juni) nicht mehr geerntet werden. 

Zur Reduzierung der Oxalsäure empfiehlt es sich, 
  • bei einer großen Rhabarbermenge die Stiele zu schälen, da die Haut am meisten Oxalsäure enthält, und/oder 
  • den Rhabarber immer zu kochen oder blanchieren und das Wasser weggießen (leider gehen auch Vitamine und Mineralstoffe dabei verloren) und/oder 
  • frisch gepressten Rhabarbersaft stets erhitzen. 


Verwendung in der Küche 

An den hellen, saftigen Schnittstellen erkennt man das frische, saftige Gemüse. Wenn die Stangen weich sind und die Ränder vertrocknet, ist der Rhabarber alt. In ein feuchtes Tuch eingeschlagen hält Rhabarber im Gemüsefach des Kühlschranks bis zu drei Tagen. Den Rhabarber nicht neben Ethylen abgebenden Früchten wie Äpfel, Bananen, Mango, Tomaten etc. lagern, da er sonst schnell verdirbt. Ebenfalls sollte Rhabarber bei der Lagerung und vor der Zubereitung nicht mit Metall länger in Kontakt kommen, da die Oxalsäure Metalle angreift und gesundheitsschädliche Substanzen auslösen kann. 

Wer grundsätzlich keine Probleme mit Oxalsäure hat, kann bei den heutigen Sorten auf das Schälen von frischem Rhabarber verzichten. Es genügt, die Fasern vom Stielende her abzuziehen sowie Blattansatz und Stielende abzuschneiden (die Rhabarberblätter sind giftig!). Die gewaschenen und geputzten Rhabarberstangen schneidet man für die Zubereitung in Stücke und kocht (oder backt) sie. So verringert sich wie erwähnt der Säuregehalt. Mehr Milde bringen auch Gewürze wie Ingwer, Vanille und Zimt, Milchprodukte wie Vanillesoße oder die Zugabe von Orangensaft in Spiel. In Stücke geschnitten oder als Kompott kann man Rhabarber ganz problemlos eingefrieren. Er ist gefroren ein halbes Jahr haltbar. 


Rezeptideen 

Eines der einfachsten Rezepte ist ein Kompott. Dafür muss man den Rhabarber lediglich in 3 cm lange Stücke schneiden, mit je einem Esslöffel Wasser und Limettensaft sowie der abgeriebenen Schale einer halben Limette und je nach Süßewunsch mit Zucker kochen (ca. 75g). Da der Rhabarber schnell zerfällt, sollte er nicht länger als zwei bis drei Minuten kochen. Wem die Rhabarbersäure zu herb empfindet ist, kann das Kompott mit Speisestärke binden, dann wirkt die Säure nicht so aggressiv. 

Rhabarber-Wähe mit Erdbeereis (Foto: ZDF, Ulrich Perrey)
Dieses Rezept (Rhabarber-Wähe mit Erdbeereis) von Andreas C. Studer habe ich letztens bei Lanz kocht entdeckt, aber noch nicht ausprobiert. Es klingt sehr vielversprechend und wurde bisher nur gelobt. Aber auch ein leckeres Fischcurry mit Rhabarber kann ich nur empfehlen. 

In diesem Sinne: Guten Appetit! 

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