Samstag, 4. Juni 2011

Wie Essen gute Laune macht – Die Einführung

Gutes Essen ist mehr als nur reine Nahrungsaufnahme – es ist Balsam für unser seelisches Wohlbefinden. Unsere Ernährung beeinflusst unsere Laune, genauso wie unsere Stimmungen und Gefühle unser Essverhalten bestimmen. Stress, Trauer oder Müdigkeit versuchen wir oft mit viel Fett oder Süßem zu überwinden und können so manchmal unsere Laune kurzfristig heben. Aber langfristig gesehen entstehen dadurch nur weitere Probleme: Dem Körper fehlen wichtige Vitamine sowie Mineralstoffe und zudem legen wir uns jede Menge Kummerspeck an. Wie kann ich also durch richtiges Essen für meine gute Laune tun? Damit werde ich mich in den nächsten Wochen beschäftigen. Der erste Teil wird dabei eine kurze Einführung in die groben ernährungsrelevanten Vorgänge im Körper darstellen. Fragen, Kritik oder anderweitiges Feedback ist erwünscht! :) 

Unser komplexer Körper 
Wie Kommunikation funktioniert
(Quelle: www.onmeda.de)
Hinter den verschiedenen Handlungen, Gedanken und Empfindungen des Menschen steht ein ausgeklügeltes physiologisches System, das die Basis für alles bildet – unser Nervensystem. In diesem System sind Nervenzellen (Neuronen) die Kommunikationsbahnen, über die Signale ausgetauscht werden. Alle Reize, die von außen kommen oder im Körper selbst entstehen, werden von Nerven registriert und in Form von elektrischen Impulsen ans Gehirn weitergeleitet. In der Zentrale im Kopf können die Informationen ausgewertet und bei Bedarf miteinander verknüpft werden. Das Gehirn sendet schließlich auch seinerseits elektrische Signale aus, etwa um Körperbewegungen auszulösen. Das Gehirn besteht aus etwa 100 Milliarden Neuronen (manche Experten schätzen die Zahl auch auf bis zu 1 Billion!), die unaufhörlich miteinander kommunizieren. Das tun sie auf zweierlei Wegen: Zum einen werden die zu übertragenden Informationen mittels elektrischer Impulse weitergegeben, zum anderen mithilfe von verschiedenen biochemischen Molekülen. Diese Überträgersubstanzen werden unter dem Begriff „Neurotransmitter“ zusammengefasst. 

Die Aufgabe der Neurotransmitter besteht also darin, Informationen zwischen Nervenzellen (Neuronen) zu übertragen. Zu unserer Ernährung haben die Neurotransmitter eine doppelte Beziehung: Zum einen kann unser Stoffwechsel manche Neurotransmitter nur dann aufbauen, wenn wir ihm geeignete Baustoffe zuführen, die in unserer Nahrung enthalten sind. Zum anderen verfügt unser Körper über eine ganze Reihe von Neurotransmittern, die unser Essverhalten regulieren. Diese Botenstoffe werden im Gehirn gespeichert und nach Bedarf freigesetzt. Sie reagieren auf das, was wir essen, und lenken dadurch unseren Appetit. 

Botenstoffe aus der Nahrung 
Substanzen aus der Nahrung sind am Aufbau der Neurotransmitter unmittelbar beteiligt und beeinflussen unser Gefühlsleben, unsere Konzentrationsfähigkeit und das Erinnerungsvermögen. Im Folgenden werden drei der wichtigsten Neurotransmitter behandelt, die sich direkt durch die Nahrung beeinflussen lassen: Serotonin, Katecholamine und Acetylcholin. 

Gute Laune durch Serotonin 
Serotonin hat eine Schlüsselfunktion für das Zusammenspiel von Psyche und Ernährung. Ist unser Gehirn gut mit dem „Glückshormon“, wie es auch schon mal genannt wird, versorgt, macht uns das glücklich und zufrieden. Es zügelt unter anderem unseren Appetit, verstärkt das Gefühl von Zufriedenheit und lässt uns besser schlafen. Ist unser Serotoninspiegel zu niedrig, kann das zu Nervosität, Angst oder gar Depressionen führen. 
Damit unser Körper Serotonin bilden kann, braucht er die Aminosäure „Tryptophan“, die in vielen eiweißreichen Lebensmitteln vorkommt (z.B. Milch und Michprodukten). Der Körper kann Tryptophan nicht selbst herstellen, so dass diese essentielle Aminosäure über die Nahrung aufgenommen werden muss. Um besonders viel Serotonin bilden zu können, muss bei der Zusammenstellung des Essens einiges beachtet werden. 
Nach einer eiweißreichen Mahlzeit strömen jede Menge Aminosäuren zum Gehirn und alle kämpfen um bestimmte Transport-Eiweißstoffe, mit Hilfe derer sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. So kann es also sein, dass trotz eiweißreicher Kost vergleichsweise wenig Tryptophan den Weg ins Gehirn findet. Dem kann mit einer kohlenhydratreichen Mahlzeit entgegengewirkt werden. Führt man dem Körper viele Kohlenhydrate hinzu, wird zunächst Insulin in unser Blut ausgeschüttet, um diese abzubauen. Der tolle Nebeneffekt: Insulin speichert vermehrt Aminosäure in unsere Körperzellen – nur Tryptophan nicht. Die Konzentration der anderen Aminosäuren sinkt also stark ab und der Konkurrenzdruck für Tryptophan ist deutlich geringer, wodurch im Endeffekt der Serotoningehalt im Gehirn steigt. Besonders empfehlenswert sind langkettige Kohlenhydrate (bspw. aus Gemüse, Salaten und Getreideprodukten), da sie die Serotonin-Produktion ankurbeln und dies vor allem über längere Zeit in aller Ruhe tun. Kurzkettige Kohlenhydrate wie Zucker und Weißmehl schalten den Turbo ein, um kurz danach auf null zu fahren. Die Folge: Nur kurze Glücksempfindungen und schneller wieder Hunger. 

Die Muntermacher: Katecholamine
Katecholamine ist der chemische Gruppenname für die bekannten Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin, die den Körper richtig fit und munter machen. Ihre ursprüngliche Aufgabe war es, den Körper zu Kampf oder Flucht zu befähigen, indem sie in Sekundenschnelle die Herz-Kreislauf-Funktionen steigern sowie Nerven und Gehirn in Alarmzustand versetzen. Zudem beeinflussen sie auch, was und wie viel wir essen. Sie steigern vor allem unseren Hunger auf Kohlenhydrate, wenn wir viel gepowert haben und schnell wieder Energie benötigen. 
Die Aminosäuren Tyrosin und Phenylalanin sind die Grundbausteine für den Aufbau der Katecholamine. Der menschliche Organismus ist in der Lage, seinen Tyrosinbedarf komplett aus Phenylalanin zu synthetisieren und muss die essentielle Aminosäure daher zumindest teilweise über die Nahrung aufnehmen. Im Gegenzug wird bei einem Mangel an Phenylalanin dieses aus dem dann essentiellen Tyrosin gebildet. Besonders eiweißreiche Lebensmittel wie Milchprodukte, Fleisch, Eier und Hülsenfrüchte enthalten viel Tyrosin und Phenylalanin. 
Noch was Süßes danach? (Bild: www.duden.de)
Aber wer kennt es nicht: Trotz eines ausgiebigen Sonntagsessen (bspw. mit einem guten Braten) besteht auf der Drang nach einem süßen Nachtisch. Das liegt daran, dass der hohe Grad an Katecholaminen dazu führt, dass unser Verlangen nach Kohlenhydraten steigt. Die (kurzkettigen) Kohlenhydrate im Dessert regen dann wieder die Serotoninproduktion an – und wir fühlen uns satt. Es lässt sich also festhalten, dass sich Serotonin und die Katecholamine in der Regulation von Hunger und Sättigung ergänzen. Die „perfekte“ Mahlzeit würde somit aus einem eiweißreichen Nahrungsmittel in Verbindung mit kohlenhydratreichen Beilagen bestehen. 

Klug durch Acetylcholin 
Acetylcholin ist der wichtigste Neurotransmitter des peripheren Nervensystems und der am längsten bekannte (seit 1920) und am besten untersuchte Neurotransmitter. Der Botenstoff vermittelt die Erregungsübertragung von den Nerven zur Muskulatur. Darüber hinaus spielt Acetylcholin eine zentrale Rolle im vegetativen Nervensystem, über das lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Blutdruck, Herzschlag, Verdauung und Stoffwechsel kontrolliert werden. Eine ausreichende Versorgung mit Acetylcholin ist unbedingte Voraussetzung für ein funktionierendes Gedächtnis und für alle logischen Denkvorgänge. Das Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit im Alter ist oft mit einer verminderten Aktivität des Acetylcholins verbunden. 
Auch das Acetylcholin kommt aus der Nahrung. Es wird aus der fettähnlichen Substanz Cholin gebildet, das wiederum aus den Aminosäuren Glycin und Serin synthetisiert werden kann. Obwohl die Leber Cholin selbst herstellen kann, sorgt ein cholinreiches Essen (z.B. durch Vollkornprodukte, Weizenkeime, Eier und Käse) für eine verbesserte Acetylcholin-Versorgung und somit für eine besonders gute Lern- und Gedächtnisleistung. 

Signale aus dem Hungerzentrum 
Neben Botenstoffen, die direkt durch unsere Ernährung beeinflusst werden, gibt es noch eine Reihe weiterer Neurotransmitter, deren Hauptaufgabe es ist, unseren Appetit zu lenken. Zentrale Schaltstelle im Gehirn für die Wirkung dieser Botenstoff ist dabei der Hypothalamus, in dem unser „Hungerzentrum“ sitzt, das Botschaften aus unserem Körper empfängt und verarbeitet – also Hunger oder Sättigung signalisiert. Die wichtigsten Neurotransmitter sind Neuropeptid Y, Galanin und die Endorphine, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. 

Der süße Start: Neuropeptid Y
Neuropeptid Y hat eine Vielzahl von Funktionen, die zurzeit nur zum Teil erforscht sind bzw. verstanden werden. Neuropeptid Y spielt – zusammen mit Leptin und anderen Hormonen – eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Hungergefühls und des Fetthaushalts. Es ist einer der wirksamsten Botenstoffe zur Stimulierung unseres Appetits auf süßes, kohlenhydratreiches Essen. Durch Tierversuche, bei denen man Neuropeptid Y in den Hypothalamus injizierte, fand man heraus, dass je höher der Neuropeptid Y-Gehalt im Gehirn ist, desto größer der Appetit auf Süßes ist – die Tier fraßen Kohlenhydraten „ohne Ende“. 
So ähnlich geht es uns jeden Morgen: Der Blutzuckerspiegel ist auf einem Tiefpunkt, der Hypothalamus schaltet sich ein und schüttet Neuropeptid Y aus, so dass wir unseren allmorgendlichen Appetit bekommen. Das ist wohl auch ein Grund dafür, dass viele von uns ein süßes Frühstück bevorzugen. Stress und strenge Diäten rufen ebenfalls Neuropeptid Y auf den Plan, vermutlich damit der Körper das Verlangen nach Energie durch eine schnelle Aufnahme über süße Lebensmittel befriedigen kann. 

Hier bekommen wir unser Fett ab: Galanin 
Mittels des Neurotransmitters Galanin kümmert sich der Hypothalamus darum, wann und wie viel Fett wir essen. Je höher unser Galaninspiegel ist, desto größer ist unser Verlangen nach Fett (z.B. bei zu großen Abständen zwischen zwei Mahlzeiten). Wenn wir die Fettreserven unseres Körpers angreifen (z.B. durch eine Extremdiät), lösen wir einen heftigen Galaninschub aus, der es uns extrem schwer macht, die Diät durchzuhalten. Der natürliche Signalwirkstoff im Gehirn, Galanin, schürt den Appetit auf Nahrung, Fett und, Forscher von der Princeton Universität berichten zudem, das Galanin die Lust auf Alkohol deutlich erhöht, die auch zur Sucht führen kann. 

Wie Neurotransmitter unseren Appetit lenken
Körpereigene Glücks-Drogen: die Endorphine 
Endorphine sind die Glückshormone des Körpers und so etwas wie körpereigene Drogen. Sie wirken schmerzhemmend, beruhigend und angstlösend. Zudem verschaffen sie eine wohlig-glückliche Stimmung bis hin zur Ekstase, regen den Schlaf an und erhöhen die Wahrnehmung – sie wirken also vergleichbar wie körperfremde Opiate (Morphium, Opium, Heroin). Auch Ausdauersportler kennen die Wirkung der Endorphine: Sie vermitteln das Hochgefühl, das bei langdauernder körperlicher Bewegung entsteht. 
Unser Körper wird durch angenehme Dinge wie Lachen, Meditation oder andere Genusserlebnisse zur Endorphinherstellung angeregt. Es wird vermutet, dass bestimmte Gewürze (vor allem die scharfen Vertreter wie Chili) den Endorphinspiegel genauso heben wie cremig-süße Genüsse. Anderseits zeigen aber auch Versuche, dass Glück wiederum Appetit auf Süßes und Fettes macht. Wie immer gilt: Das richtige Maß ist wichtig! 

Im nächsten Teil wird es um Nahrung für Gehirn und Nerven gehen, vor allem, wie sich Kohlenhydrate (vor allem Süßes), Vitamine und Mineralstoffe auf die Gute Laune auswirken. 



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