Mittwoch, 1. Juni 2011

Die wunderbare Welt der Nudel

Passend zum weltweiten Kindertag muss ich über das Lebensmittel schreiben, das mich in meiner Kindheit wohl am meisten geprägt hat – die Nudel. Jeder Deutsche verzehrte im Jahr 2009 durchschnittlich rund 7,7 kg Nudeln – das sind rund 50 Prozent mehr als zu Beginn der 90er Jahre. Aber woher stammt die Nudel? Was bedeutet „Nudel“? Und war die Nudel schon immer ein billiges Essen? Der folgende Blog soll etwas Licht ins Dunkel bringen!

Mit Mehl, Salz und Wasser fing alles an
Um die Geschichte der Pasta ranken sich viele Legenden. Die einen denken an China als Ursprungsland, andere an Sizilien oder Neapel, wieder andere sind der Überzeugung, Pasta sei ebenso wie Pizza oder Burger ein amerikanisches Gericht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit entstand die Nudel an mehreren Orten unabhängig voneinander.
Die wohl älteste Nudel der Welt. (Quelle: dpa)
Im Oktober 2005 verbreitete sich die Nachricht,  dass die ältesten Nudeln etwa 4000 Jahre alt seien und aus China stammen würden. Chinesische Archäologen hatten in den Überresten einer jungsteinzeitlichen Siedlung am Ufer des Gelben Flusses einen Steinguttopf mit gut erhaltenen Teigwaren entdeckt. Die Jungsteinzeitlichen Teigwaren haben entfernte Ähnlichkeit mit Spaghetti (mehr als einen halben Meter lang, drei Millimeter dünn und trotz ihres biblischen Alters von gelblicher Farbe), sind aber nicht aus Weizen sondern aus Hirse. Der Fund liefert China neue Argumente für einen alten Streit mit Italien: Beide Länder reklamieren die Erfindung der Nudel für sich. Im Jahre 1295 soll der venezianische Händler Marco Polo auf seinen Reisen beobachtet haben, wie in China Nudeln hergestellt wurden. Dieses Wissen soll er nach seiner Rückkehr in Italien verbreitet haben. Allerdings gehen Historiker davon aus, dass die Geschichte der italienischen Pasta sehr viel älter ist und sie schon im 4. Jhd. v. Chr. Geliebt worden sein soll. Der Römer Apicius, der als Autor des ältesten Kochbuchs gilt, erwähnt in seinen Aufzeichnungen ein Gericht, das „Lagana“ genannt wurde und aus dünnen Teigplatten zubereitet wurde. Zudem äußerte sich der römische Dichter Horaz gegenüber einem Freund, dass er ein Gericht aus Laganum mit Lauch und Kichererbsen den opulenten Banketten von Kaiser Augustus entschieden vorziehen würde.

Im 12. Jahrhundert gewann die Pasta dann in Sizilien an Bedeutung. Dort entwickelte man effektive Bewässerungsmethoden und kultivierte den Boden, so dass es möglich wurde, Getreide in großem Umfang anzubauen. Araber brachten bei ihrer Besetzung Siziliens (9.-11. Jhd.) die Methode der Trocknung mit nach Europa. Nudeln wurden dazu um Holzstäbe gewickelt und an der Sonne getrocknet. Durch diese Art der Haltbarmachung war es möglich Nudeln mit auf Reisen und Beutezüge zu nehmen. Aus Aufzeichnungen geht hervor, dass umfangreiche Schiffsladungen mit Getreide ausgeführt wurden. Bei der Ware handelte es sich um eine getrocknete Pasta, deren Vorteil darin lag, sich gut transportieren zu lassen und auch bei Hitze lange haltbar zu sein, zumal viele Pastasorten als pasta asciutta (also trocken ohne Ei) zubereitet werden. Sizilien kann man somit als Heimat der europäischen Pasta bezeichnen.

Mitte des 16. Jhd. wurde im Süden Italiens der Hartweizen großflächig angebaut und die ersten Teigwaren maschinell hergestellt. Zeitgleich wurden Nudeln auch in Deutschland in der getrockneten Variante durch den Vertrieb über die großen Handelshäuser bekannt – allerdings bereiteten die Hausfrauen die Eiernudeln für ihre Familien selbst zu, bis später Bäcker die aufwendige Herstellung übernahmen. Die industrielle Produktion begann Mitte des 19. Jahrhunderts.

Was lässt sich also festhalten? Man kann den Chinesen wohl bestätigen, dass es die ersten Nudeln in China gab und diese von dort zunächst in Asien verbreitet wurden. Unabhängig von den Entwicklungen in China verbreitete sich die (europäische) Nudel auch in Italien. Sagen wir also einfach: Beide Nationen haben die Nudel unabhängig voneinander entwickelt – die einen etwas früher, die anderen etwas später –, aber eines verbindet beide: Sie haben aus der Nudelherstellung eine Kunst gemacht.

Der geknotete Teig
Das Wort „Nudel“ leitet sich (ebenso wie Knödel) etymologisch vom lateinischen „nodus“ oder „nodellus“ ab, was so viel wie „Knoten“ oder „Knötchen“ bedeutet. Dies kann dadurch erklärt werden dass man die Nudel ja aus dem „Teig knotet“. Interessanterweise hat sich dieses Lehnwort im Deutschen, im Französischen („nouilles“) und Englischen („noddle“) erhalten – nur nicht im Italienischen.

Früher kein Arme-Leute-Essen, aber gesund!
Nudeln waren früher übrigens kein Essen für die einfachen Leute, sondern ein Luxusgut. Es war viel teurer als Brot, da sowohl der Transport als auch die verschiedenen Zölle den Preis in die Höhe trieben. Erst seit ca. dem 17. Jhd. ist die Pasta ein typisches Volksgericht, was sie auch der Tomate zu verdanken hat, die zu der Zeit als essbar „entdeckt“ wurde und von da an die Grundlage für verschiedenste Saucen bildete.
Nudeln haben einen hohen Anteil an Kohlenhydraten und sind damit perfekte Energiespender. Teigwaren mit Ei haben einen Fettanteil von weniger als drei Prozent. Eiernudeln zählen damit zu den „schlanken“ Lebensmitteln. Der Fettanteil eifreier Teigwaren liegt sogar unter zwei Prozent.

Nährstoffgehalt je 80 Gramm Trockengewicht:
Nährstoff

Eiernudeln
Nudeln ohne Ei
Vollkornnudeln
Energie
kcal/kJ
283/1201
282/1196
253/1070
Protein
g
9,8
9,6
9,7
Fett
g
2,2
1,4
1,9
Kohlenhydrate
g
55,9
57,6
49,1
Ballaststoffe
g
2,7
2,7
7,3
(Quelle: Heseker, Beate u. Helmut (1999): Nährstoffe in Lebensmitteln - Die Große Energie- und Nährwerttabelle, Umschau)


Gleichzeitig liefern sie Vitamine und Mineralien. In 80 Gramm ungekochten Eiernudeln stecken ca.
  • 13,6 mg Natrium,
  • 131,2 mg Kalium,
  • 21,6 mg Calcium,
  • 152 mg Phosphor,
  • 1,8 mg Eisen.

Nudeln sind also ideal für eine gesunde Ernährung.

Nudeln machen glücklich

Zudem machen Nudeln gute Laune. Das liegt an den komplexen Kohlenhydraten, die im menschlichen Gehirn die Produktion von Serotonin anregen. Serotonin ist ein so genannter Neurotransmitter, der Informationen von einer Nervenzelle zur anderen weitergeben kann. Die Botschaft, die Serotonin an die Nervenzellen aussendet, lautet frei übersetzt: „Auf gute Laune schalten!“ Oder etwas wissenschaftlicher formuliert: Serotonin wird vom Gehirn normalerweise selbst produziert. Dazu werden verschiedene Stoffe benötigt, beispielsweise die Aminosäure Tryptophan, die vor allem in Fleisch, Joghurt, Fisch und Eiern enthalten ist. Wie viel Tryptophan jedoch ins Gehirn gelangt, hängt ganz von der übrigen Ernährung ab: Wer mehr komplexe Kohlenhydrate zu sich nimmt, bekommt auch mehr Tryptophan ins Gehirn. Warum? Zunächst einmal besteht zwischen den vielen verschiedenen Aminosäuren auf dem Weg ins Gehirn ein Konkurrenzkampf. Werden viele komplexe Kohlenhydrate aufgenommen hat, schüttet der Körper Insulin aus, um diese abzubauen. Dieses Insulin fördert dabei gleichzeitig auch die Aufnahme von neutralen Aminosäuren in die Muskulatur – die Konkurrenz für Tryptophan wird somit schwächer und mehr Tryptophan gelangt ins Gehirn, wodurch wiederum mehr Serotonin gebildet werden kann. Am besten ist es also, wenn Kohlenhydrate zusammen mit tryptophanhaltigen Lebensmitteln gegessen werden. Und das geht am einfachsten mit Eiernudeln.


Heikel an der Serotonin-Hypothese ist, dass kohlenhydratreiche Nahrung in der Regel selbst Eiweiß mitliefert (entweder durch die Nudel selbst oder durch die verschiedenen Saucen etc.) Die Serotonin-Hypothese funktioniert aber nur dann, wenn wirklich wenig Eiweiß gegessen wird, also wenn wenig andere Eiweißbausteine mit dem Tryptophan um den Eintritt ins Gehirn konkurrieren. Andernfalls reicht die ins Gehirn gelangende Menge des Serotonin-Vorläufers nämlich nicht mehr aus, um die Stimmung messbar zu steigern.

Wie auch immer Ihr Eure Nudeln esst: Lasst es Euch schmecken und seid glücklich :)

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